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Vom Gitter- zum Familienbett

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Als unsere Tochter Tabea (* 05.10.2002) unterwegs war, wussten mein Mann und ich ganz genau, wo sie schlafen soll. Da mein Mann und ich zu der Zeit noch im Hochbett schliefen, hatten wir für unsere Tochter das Körbchen eines Stubenwagens an einen Seilzug gebunden. Mit dessen Hilfe konnte ich den Korb nachts auf unsere Höhe und tagsüber nach unten ziehen. Schließlich wollte ich unsere Tochter stillen und rechnete natürlich auch damit nachts des Öfteren gestört zu werden.

Noch während der Schwangerschaft fragten wir dann unsere Hebamme, ob Tabea denn überhaupt in unserem Zimmer schlafen könne, da wir immer bei offenem Fenster schlafen. Die Hebamme antwortete uns, dass wir sie am Anfang dann besser auf unserem Bauch schlafen lassen sollten, weil die ganz Kurzen noch keinen Temperaturausgleich hätten.

Dann kam unsere kleine Maus und schlief anfangs auch nachts immer auf meinem Bauch. Tagsüber mal im Körbchen, mal im Tragesack, wobei sie sich im Tragesack natürlich wohler fühlte. Auch zum Nachmittagsschlaf habe ich sie oft auf den Bauch genommen und dann auch ein Schläfchen gehalten - das habe ich ca. 9 - 10 Monate lang beibehalten.

Die Nächte waren anfangs einfach! Sie schlief die erste Zeit tatsächlich durch (heute sehne ich mich danach zurück) und hatte nur sehr viele Probleme mit Blähungen. Ich merkte aber dann schnell, dass sie auf meinem Bauch dann sehr viel besser einschlief, wenn der Darm allzu sehr zwickte. Nachdem ich 2 ½ Monate nach ihrer Geburt auch das letzte blähende Lebensmittel aus meinem Speiseplan verbannt hatte, hat sie jedoch immer öfter in ihrem Körbchen geschlafen. Ich war zunächst mit dieser Entwicklung sehr zufrieden - schließlich gehören Kinder in ihr eigenes Bett, dachte ich damals noch. Nur ab und an lag sie noch auf meinem Bauch und manchmal schlief ich beim nächtlichen Stillen (mittlerweile wachte sie nachts auch des Öfteren auf) ein und sie lag dann zwischen uns.

Aber im Hochbett war uns ihre Anwesenheit auf Dauer zu unsicher. Tabea wurde immer mobiler und die Gefahr, dass sie aus dem Hochbett fallen könnte immer größer. Zwar hatte ich zwischenzeitlich über das Internet vom Familienbett schon öfter gehört und gelesen, aber es war sowieso nach wie vor gegen unsere Überzeugung, denn wie sollten wir das Kind jemals aus dem Bett bekommen?

Als Tabea dann ca. 6 Monate alt war, kam sie "natürlich" in das schon vorbereitete Kindergitterbett. Zunächst nur tagsüber und später auch nachts. Ich selber musste dann nachts immer vom Hochbett herunterkrabbeln, aber da sie nach dem Stillen schnell wieder einschlief, empfand ich das nicht als ein zu großes Problem. Aber durch das Internet, meine Teilnahme an verschiedenen Foren und Mailinglisten setzte sich doch mehr und mehr der Gedanke an das Familienbett in meinem Kopf fest. Hinzu kam, dass ich das Buch von Jean Liedloff gelesen hatte, als Tabea ca. 9 Monate alt war. Ihre plausiblen Erklärungen zum Familienbett, Tragen und natürlichem Stillen überzeugten mich dann. Stillen und Tragen war sowieso schon Usus bei uns (auch wenn wir nur anfangs in der Wohnung getragen haben und nicht so viel wie in diesem Buch empfohlen), aber Familienbett erschien uns nach wie vor nicht durchführbar. Das Hochbett hatte ja auch Platz sparende Funktion für uns. Das Bett auf dem Boden einzurichten hätte bedeutet, alles umräumen zu müssen.

Also stellte ich in einer Continuum-Mailingliste die Frage, ob andere Mitglieder Erfahrung mit Familienbett und Hochbett hätten. Die Antworten waren klar, Familienbett im Hochbett nur bei sehr guten Sicherungsmaßnahmen (z. B. Netzen bis zur Decke o. ä.). Der Aufwand erschien uns zu hoch, schon damals waren wir auf Wohnungssuche. Also Thema Familienbett war wieder einmal ad Acta gelegt.

Der Sommer 2003 kam und mit ihm eine Jahrhunderthitze. Uns blieb irgend wann nichts anderes übrig als zumindest für den Übergang unser Bett im Kinderzimmer auf dem Boden einzurichten, weil die Luft im Hochbett immer stickiger wurde. Tabea hat dann natürlich mit uns im ersten eingerichteten Familienbett geschlafen und es war eine Tortur. Noch heute frage ich mich, ob es an der Hitze, dem anderen Zimmer oder dem Familienbett lag - sie krabbelte auf jeden Fall den meisten Teil der Nacht im Bett und um das Bett herum und raubte mir den letzten Schlaf. Schließlich wurde sie ja zwischendurch auch noch gestillt. Ich hatte die Nase vom Familienbett gestrichen voll. Dieses Herumgehampel wollte ich nicht jede Nacht haben.

Aber Tabea war offensichtlich anderer Meinung. Nachdem wir wieder ins Hochbett und sie wieder ins Kinderbett umgezogen waren, fingen die Einschlafschwierigkeiten an. Wann es genau losging weiß ich nicht mehr so genau (ich glaube, sie war ca. 10 Monate alt). Bis dato hatte ich sie auf dem Sofa sitzend in den Schlaf gestillt. Anschließend habe ich sie ins Schlafzimmer getragen und in ihr Bett gelegt und alles war gut. Aber plötzlich fing sie an zu weinen, wenn ich danach aus dem Zimmer ging. William Sears beschreibt das auch in seinem Buch "Schlafen und Wachen". Viele seiner Ratschläge habe ich dann versucht, ohne dass ich das Buch zu diesem Zeitpunkt schon gelesen hätte. Aber wirklich geholfen hat weder die Hand auf dem Rücken, noch langes im-Zimmer-Verweilen. Alles haben wir getestet: Singen, Tragen, bei ihr bleiben und natürlich immer wieder stillen. Aber alles blieb auf Dauer erfolglos. Tabea wurde immer wieder wach. Die Einschlafrituale dauerten immer länger und mein Mann und ich waren völlig entnervt.

In dieser Zeit habe ich dann oft gedacht, dass es sicherlich helfen könnte, wenn ich sie liegend in den Schlaf stillen könnte, so dass ich sie nicht mehr durch die Wohnung tragen muss. Aber Tabea und ich gemeinsam in einem Gitterbett - das passt nun einmal nicht. Nach vielen langen Abenden haben wir uns endlich entschieden, das Familienbett einzurichten. Die Umsetzung dieser Entscheidung folgte prompt. Das Schlafzimmer wurde komplett umgeräumt. Danach hatten wir zwar nur noch einen schmalen Gang zwischen Bett, daneben stehenden Regalen und dem Schlafzimmerschrank, aber wir haben es geschafft. Alle Lattenroste und Matratzen sind auf dem Boden gelandet, Tabeas Matratze direkt neben meiner.

Tabeas Reaktion auf unser Familienbett war zunächst jauchzendes Vergnügen. Ich weiß nicht, ob sie direkt verstanden hat, worum es eigentlich ging, Ihre erste Bekanntschaft damit hat sie tagsüber tobend gemacht. Aber schon in der ersten Nacht im gemeinsamen Bett wurde es wieder ruhiger. Wir hatten uns zwar auf Schlafkrabbeln (wie im Sommer) und eine längere Umgewöhnungsphase eingestellt, aber die kam nicht. Tabea schläft bis heute noch abends im Bett viel besser ein. Natürlich nicht immer, manchmal ist sie einfach noch zu fit und möchte noch nicht ins Bett, dann kuschelt und stillt sie lange und ist danach putzmunter. Aber von solchen Ausnahmen abgesehen, ist es viel leichter sie ins Bett zu bringen. Sie stillt im Liegen und schlummert dann. Ab und an ist sie noch unruhig, dann bleibe ich noch etwas bei ihr, jedoch dauert das vielleicht fünf bis zehn Minuten. Lange Einschlafrituale brauchen wir jedenfalls nicht mehr. Das nächtliche Stillen ist natürlich auch viel leichter geworden. Mal bleibt sie danach auf ihrer Matratze liegen, mal liegt sie zwischen uns (das hängt eigentlich davon ab, welche Brust ich ihr als letzte gegeben habe) und die Mama döst auch meist noch während des Stillens wieder ein.

Und natürlich ist es viel angenehmer sie liegend in den Schlaf zu stillen. Auch wenn ich noch bei ihr bleibe, kann ich diese Zeit als Ruhephase für mich nutzen und muss keine Verrenkungen machen, um eine Hand bei ihr zu lassen.

Und sonst?? Wir genießen es!! Tabea wacht morgens neben uns auf und, besonders wenn mein Mann morgens zu Hause ist, sind das die schönsten Augenblicke des Tages. Sie jauchzt, ist vergnügt, stillt, versucht uns zu wecken und Mama und Papa versuchen noch ein wenig zu dösen. Öffnen wir dann endlich die Augen, dann strahlt uns ein kleines Mädchen mit einem Lächeln an, das nicht schöner sein könnte. Das alles hatten wir vorher nicht! Sie wurde morgens aus dem Bett genommen und das war es. Natürlich hat sie damals auch morgens gelächelt, aber nicht so oft. Wir haben sie früher auch manchmal ins Hochbett genommen, aber das bedeutete natürlich ständige Hab-Acht-Haltung. Jetzt ist jeder gemeinsamer Morgen geradezu ein Geschenk.

Und wer sagt jetzt noch, dass wir sie ja nie aus dem Bett herausbekommen? Jedem und jeder sei an dieser Stelle gesagt, hoffentlich dauert das noch wirklich lange. Sex im Ehebett ist im Moment zwar nicht mehr angesagt, aber das war er auch nicht, als sie noch im Gitterbett in unserem Zimmer schlief. Hierfür müssen wir halt andere Orte finden. Aber diese kostbaren Jahre am Anfang ihres Lebens, in denen unsere Tochter noch unsere Nähe sucht, sie genießt und einfordert, diese kostbare Zeit möchten wir mit ihr jeden Tag aufs Neue auskosten und im Familienbett fangen diese gemeinsamen schönen Tage an.

 

Gudrun

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