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Über Zufälle, die vielleicht doch keine sind

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Noch während der Schwangerschaft war mir klar: Natürlich werde ich stillen, erst mal 2 Monate, und wenn das so einigermaßen klappt, 6 Monate. Natürlich sollte mein Kind auch so schnell, wie möglich die Bedeutung des Wortes „Nein“ kennen lernen. Natürlich wurde das Kinderzimmer fertig eingerichtet; der „Nestbauinstinkt“ traf mich in den letzen Monaten mit voller Wucht. Natürlich kam das Schlafen im Elternbett nicht in Frage. Allerdings sollte unser Sohn die ersten Monate in seinem Körbchen neben uns schlafen dürfen, damit wir immer ein Auge auf ihn haben könnten.

... Und es kam alles ganz anders. – Natürlich.

Meine erste Berührung mit dem Continuum Concept lief etwas turbulent ab. Ich stolperte zufällig über ein Forum und meldete mich recht heftig auf einen Beitrag, der mich total geschockt hatte (und es immer noch tut), zu Wort. Darauf hin erntete ich einiges an Ablehnung und Kritik. Zudem könne ich eh nicht mitreden. Zuerst solle ich mal das Buch von Jean Liedloff lesen. Dann gäbe es erst eine Gesprächsgrundlage. Puh, dachte ich, was sind das denn für Typen? Als Konsequenz zog ich mich aus diesem Forum zurück. Im Nachhinein verstehe ich, wie mein Beitrag auf die MitgliederInnen des Forums gewirkt haben muss. Zu der Zeit kam es mir allerdings reichlich suspekt vor.

Trotz dieses holprigen Einstieges entwickelten sich einige Kontakte zu Frauen, die mein Unverständnis erkannten und mir ihren Weg erläutern wollten. Durch einen zum Teil sehr intensiven Austausch begann mein Verständnis nach und nach zu reifen. Ich hätte nie gedacht, dass mir einige dieser komischen Typen so wichtig werden können. Irgendwann trat ich dann ich die neu gegründete Continuum Concept Liste von Barbara ein. Das Buch „Auf der Suche nach den verlorenen Glück“ von Jean Liedloff habe ich glücklicherweise erst jetzt, nach 14 Monaten, gelesen. Dazu aber an anderer Stelle mehr. [Link zu meiner bald folgenden Buchbesprechung]

Von Anfang an habe ich mich im Umgang mit meinem Sohn auf mein Gefühl verlassen. – Und das zum Teil vor jeglichem Kontakt zum Continuum Concept. Mein Gefühl sagte mir: Ich kann es nicht ertragen, wenn mein Kind schreit, also wurde er nicht schreien gelassen. Mein Gefühl sagte mir nach 6 Monaten: Jetzt abstillen? Hilfe, wie soll das denn gehen, es ist doch so schön und praktisch, also stillte ich ihn weiter. Mein Gefühl sagte mir auch: Ich fühle mich schlecht, sobald ich daran denke, dass mein Sohn in seinem eigenen Zimmer schlafen soll, also schläft er immer noch bei uns im Zimmer. Ich merkte, dass die versuchsweise geäußerten Neins irgendwie nicht wirkten, also ließ ich es.

Dank des Continuum Conceptes können wir nach unserem Gefühl leben, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Ich brauche mir keine Gedanken zu machen, dass ich mein Kind zu sehr verwöhne, weil ich es nicht schreien lasse. – Weil es natürlich ist, es nicht zu tun. Ich brauche mich nicht schwach zu fühlen, weil ich mein Kind nicht in sein Zimmer ausquartiere. Auch muss ich nicht denken, dass ich inkonsequent handele, weil mein Kind viel mehr darf, als andere.

Es ist so viel schöner, seinem Kind zu vertrauen, als es ständig zu maßregeln. Die Bestätigung erfahre ich jeden Tag, wenn ich die Sicherheit meines Sohnes beobachte: Wie sicher er sich mit seinen 14 Monaten in der Welt bewegt, wie selten er sich weh tut. Wie umsichtig er mit spitzen Gegenständen umgeht. Wie selbstbewusst er ist.

Es ist so viel schöner, sich sicher zu fühlen, als das Gefühl zu haben, ständig zu versagen. Da wir nicht versuchen, unseren Sohn in ein festes Schema zu pressen, müssen wir nicht den Eindruck haben zu versagen, weil es nicht klappt. Es gibt keine Machtkämpfe, weil niemand Macht hat oder haben will. Es gibt keinen Kampf um Aufmerksamkeit, weil diese ständig vorhanden ist. – In Form von Nähe und ständiger Verfügbarkeit.

Auch mit dieser Lebensweise ist nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen. Das soll es auch gar nicht sein. Weil aber durch einige Aspekte des Continuum Conceptes viele ansonsten kraftzehrende Situationen einfach nicht vorkommen, ist mehr Kraft übrig, um anderen Problemen zu begegnen.

Unser Leben wird von Tag zu Tag entspannter, je mehr wir das Continuum Concept verinnerlichen. – Je mehr wir akzeptieren, dass unsere Gefühle den Weg zeigen, wie wir uns zusammen mit den Kindern weiter entwickeln können.

Ob mein Zusammentreffen mit dem Continuum Concept wirklich Zufall war?

 

© 2002 Ann

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