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Sprechen lernen ohne zu sprechen - unsere Erfahrungen mit Babyzeichen 

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"Das Kleinkindalter ist die Zeit, in der sich die Babys an den Wundern der Welt ergötzen, in der sie entdecken, wie alles funktioniert, und in der sie Freud und Leid, die diese Phase unweigerlich mit sich bringt, mit den für sie wichtigsten Personen teilen. Babys sind genauso neugierig wie Katzen, nur viel geselliger (glücklicherweise). Es genügt ihnen nicht, das Flugzeug am Himmel, den Vogel auf dem Fensterbrett oder die Blume im Garten zu beobachten; sie wollen dies auch jemandem *mitteilen*."
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"Lösen Sie sich von der Auffassung, Sprache heiße sprechen, sprechen bedeute, Wörter zu gebrauchen, und deshalb setze der ganze Prozess des Lernens von Sprache erst ein, wenn das Kind ein Jahr alt ist. Sprache bedeutet Kommunikation zwischen einer Person und einer anderen."

(Auszüge aus Babysprache - Wie Sie sich mit Ihrem Kleinkind unterhalten können, bevor es sprechen lernt von Linda Acredolo undSusan Goodwyn.)

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Zum allerersten Mal habe ich etwas in Richtung dieser "Babyzeichen" gehört, als eine Bekannte, auch mit einem Baby im gleichen Alter wie Raphaela, mir sagte, es gebe da eine Möglichkeit, den Kindern Zeichen beizubringen, ohne dass diese schon sprechen können müssen, zum Beispiel für einen Baum. Sie hatte sich damit aber auch noch nicht näher befasst. Raphaela war zu der Zeit erst wenige Wochen alt, und ich habe mich erstmal nicht weiter darum gekümmert, aber den Gedanken als "interessant" abgespeichert.

Einige Zeit später bekam ich dann den Buchtipp zu "Babysprache" (s. oben) und kaufte es mir, als Raphaela etwa ein halbes Jahr alt war. Was die beiden Autorinnen da schrieben, fand ich toll und sehr einleuchtend. Um mit Babyzeichen zu beginnen, wurde empfohlen, mit einem ausgewählten Zeichen anzufangen und dies bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu gebrauchen, in allen möglichen Situationen. Gesagt, getan - Raphaelas Papa fand es auch eines Versuches wert - und so entschieden wir uns für die "Katze" als erstem Zeichen. Da ich ein Katzenfan bin und wir zu Hause auch zwei lebende Exemplare besitzen, gab es auch genügend Möglichkeiten, eine Katze in der Wohnung zu sehen. Als richtigen Zeitpunkt wurde empfohlen, dann zu beginnen, wenn man merkt, dass sich das Baby Ã¼ber das, was es sieht, austauschen möchte. Zum Beispiel, wenn es in ein Bilderbuch schaut oder sich fragend schauend an einen wendet und mit dem Finger auf ein Bild oder eine Sache deutet. Früher anzufangen sei auch kein Problem, nur dauere es um so länger bis zum ersten eigenen Zeichen, je jünger das Kind sei.

Wir haben also im Alter von etwa 7 Monaten damit angefangen, ihr Zeichen vorzumachen, hauptsächlich die "Katze" (mit einer Hand über den anderen Unterarm streichen, wie wenn man eine Katze streichelt), aber auch noch ein paar andere, diese aber längst nicht so konsequent und durchgängig. Raphaelas erstes "selbstgemachtes" Zeichen war allerdings bei weitem nicht die Katze, sondern ein ganz anderes, das sicher jedermann bei seinem Baby auch kennt: "Winke - winke". Das kam, als sie knapp 8 Monate alt war. Mit genau 9 Monaten zeigte sie uns "Wie groß bist Du?" Wenn man sie danach fragte, grinste sie über beide Backen und streckte sich ganz groooooß. Einige Zeit später hatte sie noch ein Zeichen entdeckt. Beim Essen pustete sie auf einmal auf ihr Essen. Klar, ich hatte ja auch gesagt, es sei "heiss", und habe ihr es vorher immer kaltgepustet. Ungefähr zu dieser Zeit signalisierte sie auch, wenn sie "müde" war, indem sie ihre Hand an die Wange legte (Schlafgeste). Nur von unserer Miezekatze war weit und breit keine Spur... Wenn ich dies so schreibe, merke ich erst, dass sie da schon gewaltige Lernschritte gemacht hatte, nur damals kam es uns so vor, als würde sie so gar nicht darauf reagieren, wo wir doch überall Miezekatzen sahen und ihr vormachten ;-)

Aber es waren tatsächlich ja schon stolze 4 Zeichen, die sie da konnte, nur war uns das einfach nicht so bewusst. Wir warteten eben immer noch auf die "Katze". Dann kam mir der Gedanke, vielleicht ist es ihr einfach zu schwer und wir nehmen vielleicht ein anderes Tier. So entschieden wir uns für den "Fisch" (Öffnen und Schließen des Mundes). Jawohl, das war es - denn kurz nach ihrem ersten Geburtstag hatte sie es kapiert. Was gab es auf einmal an Fischen zu sehen! Ganz viele im Badezimmer, auf den Fliesen, auf dem Fenster, auf dem Duschvorhang, der aufziehbare Fisch in der Badewanne, auf einem Bild an der Wand, im Büro und und und. Es war, als wäre der sprichwörtliche Groschen gefallen. In der folgenden Zeit konnte man sehr schön beobachten, wie sie von uns neue Zeichen erfragte. Ich habe dies erst gar nicht so registriert, denn erst mein Mann brachte mich darauf, dass sie nicht nur den Namen von den Dingen wissen wollte, nein, sie wartete regelrecht darauf, bis wir ihr auch ein Zeichen zu dem Ding vorgemacht hatten, das sie uns zeigte. Vorher war sie nicht zufrieden.

Für die Katze haben wir uns dann noch ein einfacheres Zeichen ausgedacht. Es macht riesigen Spass, ihr dabei zuzusehen, wie sie die Zeichen erlernt. Auch Raphaelas Papa ist davon völlig fasziniert, wie konzentriert und aufmerksam sie uns zusieht. Kurz nachdem sie die Katze konnte, kam Raphaela eines Abends zu mir auf den Schoss geklettert und hatte ihren Ball dabei. Auf diesem sind eine Katze, ein Hund, ein Elefant, ein Pferd, ein Bär und ein Esel abgebildet. Sie wollte wieder einmal von mir alle Tiere benannt und bezeichnet haben. An diesem Abend hat es auch wieder "klick" gemacht, und weitere drei Zeichen (Bär, Hund, Elefant) waren gelernt.

Mittlerweile kann ich mir fast jeden Tag ein neues Zeichen ausdenken, was sie - je nach Schweregrad - teilweise sehr sehr schnell drauf hat und fleissig anwendet. Seit kurzem sind dabei das "Baby", "Vogel", "Ente", "Hase". Es macht viel Freude, uns mit Raphaela zu unterhalten, zum Beispiel, wenn sie uns mitteilt, dass der Hund der Nachbarn in der Wohnung über uns, gerade auf dem Balkon ist. Oder dass auf der Keksschachtel ein Bär abgebildet ist. Und nicht nur für meinen Mann und mich ist das schön; heute hat meine Schwiegermutter selbst Raphaela ein neues Zeichen beigebracht - so werden wir jetzt auch über alle Frösche, die Raphaela sieht, informiert.

Anmerkung: Raphaela ist bei weitem keine frühe "Sprecherin". Sie hat sehr, sehr früh angefangen, zu laufen und mir erzählte mal jemand, entweder laufen sie früh, oder sie sprechen früh, beides zusammen geht nicht. Jetzt, mit 13 Monaten, spricht sie ausser den üblichen Silbenketten "mamamamam", "papapap", "deideidei" und alle möglichen ähnlichen Kombination noch kein "richtiges" Wort. Das hindert uns aber nicht daran, uns gut zu unterhalten. ;-)))

Ãœbrigens macht sie immer noch nicht unser Zeichen für Katze, auch nicht die zweite, einfachere Form. Raphaela hat selbst eine ganz andere Version dafür gefunden: Sie streicht mit einer Handfläche an ihrer Wange entlang, vom Ohr bis zum Mund. Das ist ihre "Katze"

 

© 2002 Susanne

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